Unternehmerumfeld - internationaler Vergleich

Geschrieben von Marc Kollmeier | Dec 6, 2025 8:56:32 PM

Ein internationaler Vergleich: Wie schlecht Deutschland bei unternehmerischen Rahmenbedingungen inzwischen abschneidet

Deutschland sieht sich selbst noch immer gern als wirtschaftsstarkes Land, als Innovationsstandort, als „Motor Europas“. In der Realität vieler Unternehmer passt dieses Selbstbild jedoch immer weniger zur täglichen Erfahrung. Ein nüchterner Vergleich der unternehmerischen Rahmenbedingungen zeigt: Deutschland verliert international deutlich an Attraktivität – strukturell, nicht nur gefühlt.

Dieser Beitrag beleuchtet, warum Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern für Unternehmer zunehmend zurückfällt.

 

1. Steuerliche Belastung: Deutschland an der internationalen Spitze – im Negativen

Deutschland gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Gesamtsteuer- und Abgabenlast für Unternehmer.

  • Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag führen zu effektiven Unternehmenssteuern von rund 30 %

  • Hinzu kommen hohe Einkommensteuern auf Ausschüttungen

  • Sozialabgaben steigen kontinuierlich weiter

Im Vergleich dazu:

  • Viele osteuropäische Länder liegen bei 9–15 %

  • Klassische Unternehmerstandorte wie die Schweiz, Irland oder Singapur besteuern Unternehmen deutlich moderater

  • Selbst Hochlohnländer setzen gezielt steuerliche Anreize für Wertschöpfung

Das Ergebnis: In Deutschland wird Erfolg früh und stark abgeschöpft – Wachstum wird bestraft, nicht gefördert.

 

2. Bürokratie und Regulierung: Komplexität als Standortmerkmal

Während andere Länder Verwaltungsprozesse digitalisieren und vereinfachen, produziert Deutschland neue Ebenen von Komplexität:

  • Meldepflichten, Berichtspflichten, Nachweispflichten

  • langsame Genehmigungsverfahren

  • uneinheitliche Auslegung von Regeln durch Behörden

  • hohe Kosten für Steuerberater, Juristen und Compliance

Im internationalen Vergleich fällt auf:

  • Unternehmensgründungen sind in vielen Ländern innerhalb weniger Tage möglich

  • Steuererklärungen sind oft einfach und transparent

  • klare Regeln statt Ermessensspielräume

In Deutschland hingegen wird unternehmerische Zeit systematisch absorbiert – durch Verwaltung statt durch Marktaktivität.

 

3. Planungs- und Rechtssicherheit: Ein zunehmend unsicherer Faktor

Ein zentrales Kriterium für Unternehmer ist Verlässlichkeit. Genau hier verliert Deutschland rapide an Vertrauen:

  • kurzfristige Gesetzesänderungen

  • politische Eingriffe in Geschäftsmodelle

  • rückwirkende Anpassungen und Sonderregelungen

  • ideologisch geprägte Wirtschaftspolitik

Im Vergleich:

  • Unternehmerfreundliche Länder setzen auf langfristige Steuer- und Standortstrategien

  • Rahmenbedingungen werden über Jahre angekündigt und stabil gehalten

  • Politik versteht sich als Dienstleister für Wirtschaft

Deutschland dagegen wirkt immer häufiger erratisch – was Investitionen bremst und strategische Entscheidungen erschwert.

 

4. Unternehmerkultur: Vom Leistungsträger zum Rechtfertigungspflichtigen

Ein oft unterschätzter, aber entscheidender Faktor ist die gesellschaftliche Haltung gegenüber Unternehmern.

In Deutschland:

  • Erfolg wird moralisch hinterfragt

  • Gewinne gelten schnell als verdächtig

  • Unternehmertum wird selten positiv kommuniziert

  • Risikoübernahme erfährt wenig Wertschätzung

International zeigt sich ein anderes Bild:

  • Unternehmer gelten als Gestalter und Problemlöser

  • Erfolg wird als Vorbild gesehen

  • Scheitern ist akzeptierter Teil des Prozesses

  • Leistung schafft Anerkennung

Diese kulturelle Differenz wirkt tief – sie beeinflusst Motivation, Innovationsbereitschaft und langfristige Bindung an einen Standort.

 

5. Internationale Alternativen: Deutschland ist austauschbar geworden

Noch vor 20 Jahren war Deutschland für viele Unternehmer alternativlos. Heute ist es nur noch eine Option unter vielen – und zunehmend keine gute.

Andere Länder bieten:

  • niedrigere Steuern

  • schnellere Prozesse

  • digitale Verwaltung

  • unternehmerfreundliche Visa- und Aufenthaltsmodelle

  • aktive Standortwerbung

Während Deutschland debattiert, reguliert und belastet, positionieren sich andere Länder gezielt als Wachstumsräume.

 

Fazit: Deutschland verliert den Vergleich – und Unternehmer reagieren darauf

Im direkten internationalen Vergleich schneidet Deutschland bei nahezu allen relevanten unternehmerischen Faktoren schlecht ab:

Steuern, Bürokratie, Planungssicherheit, Kultur, Geschwindigkeit.

Das erklärt, warum immer mehr Unternehmer:

  • Investitionen verlagern

  • Firmensitze internationalisieren

  • neue Standorte prüfen

  • oder persönliche Auswanderung zumindest vorbereiten

Diese Entwicklung ist kein Trend, sondern eine rationale Reaktion auf systemische Standortnachteile.

Deutschland verliert nicht, weil Unternehmer illoyal sind.

Deutschland verliert, weil es Unternehmertum zunehmend erschwert.

Und Unternehmer tun, was sie immer tun mussten:

Sie passen sich an – oder sie gehen dorthin, wo Entwicklung möglich ist.